Ein Erfahrungsbericht von Sarah
Haare, Immunsystem, der eigene Körper und Selbstliebe...
Klingt nach einer starken Überschrift.In Wirklichkeit ist es ein Kampf, ein Kampf mit sich selbst, seinem Körper, seinem Aussehen und letztendlich ein Kampf einen Weg zu finden, sich selbst (wieder) zu lieben.
Seit fast neun Jahren begleitet mich die Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose: Mein Immunsystem richtet sich gegen sich selbst, genauer gesagt gegen die Myelinschicht der Nerven im Gehirn, Augen und im Rückenmark.
Die Folgen sind Entzündungen, die einzelne Funktionen des Körpers einschränken oder gänzlich zerstören können. Eine Diagnose, die die Sicht auf den eigenen Körper, die eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften grundlegend auf die Probe stellt. Ich fühlte mich plötzlich weniger Wert, weniger leistungsstark und somit weniger Teil der Gesellschaft. Sich selbst in diesem Spektakel an Emotionen neu zu erfinden, ist wahrscheinlich eine lebenslange Aufgabe, der ich mich wohl oder übel stellen muss:
Denn Aufgeben ist nämlich keine Option.
Dafür gibt zu viele schöne Dinge, zu viel zu erleben und auch zu viel, dass mir Freude bereitet und ich gut kann. So gründete ich nichtsdestotrotz eine wunderbare Familie, arbeite in dem Beruf, den ich liebe und erfülle mich und mein Leben mit Freude.
Eine Autoimmunerkrankung und der ganz normale Wahnsinn im Alltag bestimmten meinen Tagesablauf: Schule, zwei Kinder, ein Hund und Trubel, Selfcare nicht vergessen. So genießt man die Turbulenzen des Lebens, mal mehr und mal weniger.
Ein lustiger Slogan hierbei war schon immer: Hauptsache die Haare sind geil 😊.
Die einzige Sache, um die ich mich nie kümmern musste: Zweimal im Jahr zu meinem Lieblingsfriseur, ab und zu glätten und schick machen, ansonsten Terrordutt oder lustige Beanies im Herbst.
Unkompliziert, verlässlich, lobenswert, für mich schön. Im Winter 22/23 überschlugen sich dann die Ereignisse.
Die Krankheitswelle hatte uns voll im Griff, meinen Sohn hat es besonders schwer getroffen und unser Weihnachten, mein allerliebstes Fest auf der Welt, fiel aus. Dazu kamen neue körperliche Gebrechen bei mir und plötzlich habe ich auf einem Infusionsstuhl sitzend, eine kleine kahle Stelle am Hinterkopf bemerkt. Eineurostück groß, nicht weiter beunruhigend, aber auf einmal da. Der erste Gang war natürlich zu meinem Friseur. Einmal seidig glänzend machen und gut ist. Den Stress ein bisschen sacken lassen und wieder auf die Beine kommen.
Soweit der Plan, denn Aufgeben ist bekanntlich keine Option.
Leider hatte mein Immunsystem einen anderen Plan mit mir.
Erneut. Es folgten Wochen des Ärztemarathons und Ausschließen aller bekannten Möglichkeiten. Die erschütternde Diagnose: Alopecia Areata.
Leise rieselt das Haar.
Die schöne Frisur glich immer mehr einem Flickenteppich und mit den Haaren verlor ich auch einen Teil meiner Selbst.
Gedanken von „Warum denn schon wieder ich?“ und existenziellen Selbstzweifeln erschütterten mich tief. Aus diesem Tief hatte ich mich Jahre zuvor doch bereits hart raus gekämpft und alles gegeben. Also auf ein Neues...Von Hautärzten, zu Autoimmunspezialisten und wieder zurück zum Boden der Tatsachen.
Ein Zweithaarstudio sollte es nun sein.
Ein neuer Abgrund für mich. Es fühlte sich so falsch an. So fremd. Und obwohl es bestimmt vielen Menschen zu Erleichterung und neuem Aufschwung helfen kann, fühlte es sich für mich einfach nicht nach mir Selbst an. Verdecken der vielen kahlen Stellen wurde immer schwieriger, das Versteckspiel eine immer größere Belastungsprobe für mich selbst.
Wird es jemand entdecken?
Wie soll ich so weiterarbeiten, mit meinen Kindern Dinge unternehmen, Feste feiern und mich gut fühlen?
Unmöglich.
Eine liebe Arbeitskollegin lieh mir dann für eine anstehende Hochzeit ein wunderschönes Haarband. EmundMa hatte ich bis dahin noch nie gehört. Was soll ich sagen, das Haarband hielt super, ich bekam viele Komplimente und das Wichtigste: Ich dachte keinen einzigen Moment an meine Haare, sondern feierte einfach das Fest, meine Familie und das Leben.
Sollte das der Gamechanger sein?
Eine Woche später stand ich dann im EM UND MA Atelier in Eppelborn und begegnete der lieben Anja.
Unter Tränen traute ich mich, ihr meinen „Problemkopf“ zu zeigen. Anja griff sofort zu passenden Haarbändern und zeigte mir liebevoll und geduldig, wie ich diese binden kann.
Drei Haarbänder in der Tasche später, verließ ich das Atelier mit Hoffnung und Vorfreude. Vorfreude auf die neuen Accessoires, die so viel mehr sind: Ein Stück mehr Freiheit zurück, mehr Sicherheit, mehr Selbstwertgefühl und letztendlich ein Weg zu mehr Selbstliebe.
Egal, was im Leben und auf dem Kopf so los ist. Stoffe gibt ja bekanntlich in jeder Form und Farbe, genau wie Haare.
Sarah S.